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„Das hat mich von Anfang an brutal fasziniert!“

Das hat mich von Anfang an brutal fasziniert
Das hat mich von Anfang an brutal fasziniert
Laura Dahlmeier: Eigentlich wollte ich alpine Skirennläuferin werden. Fotos: Triceps GmbH

Die „Sportlerin des Jahres 2017“ Laura Dahlmeier erzählt im Interview, wie sie zum Biathlon kam, was sie daran so fasziniert, ob sie auch im Sommer Spaß haben kann – und warum sie immer so entspannt ist.

Frau Dahlmeier, Weltmeisterin, Olympiasiegerin – war Biathlon schon immer ihr Ding?

Nee, ich wollte eigentlich alpine Skirennläuferin werden. Ich komme aus Garmisch-Partenkirchen, da ist das normal (lacht). Mein großes Vorbild war damals der Hermann Maier, mit Langlauf hab ich erstmal gar nix anfangen können. Und dann bin ich auch noch über das Schießen zum Biathlon gekommen – also wirklich nicht der „normale“ Weg.

Erst Schießen, dann Laufen?

Ja, ein Bekannter meiner Eltern, die auch super wintersportbegeistert sind, meinte „Mensch Laura, Biathlon, wär das nix für dich? Kannst ja mal vorbeikommen!“ Also hab ich das Schießen ausprobiert mit dem Luftgewehr – und das hat mich von Anfang an brutal fasziniert. Das war einfach was total Besonderes, ganz anders als alle anderen Sportarten. Dann hab ich mich auch mit dem Langlauf angefreundet und eine Weile alles parallel gemacht, Ski Alpin, Langlauf, Biathlon und bin gleichzeitig noch aufs Gymnasium gegangen.

Puh.

Genau, das wurde einfach zu viel, so dass ich mich mit 12 Jahren dann komplett für Biathlon entschieden hab – und ich glaube, das war der richtige Weg.

Das glaube ich auch! Oder denken Sie etwa manchmal „Ach, im Riesenslalom wär ich auch Weltmeister geworden!“

(lacht) Nein, ich bin sehr froh und dankbar für die Ausbildung, die ich schon im Schüleralter genießen durfte, und bereue da überhaupt nix. Ich hab so viele Trainingsformen kennengelernt, und wenn ich heute mit Freundinnen von damals trainiere, die jetzt Slalom fahren, da denk ich schon, das war genau die richtige Entscheidung (lacht); allein schon wegen der Verletzungsgefahr.

Im Tennisverein oder so waren Sie nie?

Nee! Ich hab mal ein bisschen Leichtathletik gemacht, auch mal Radrennen, aber im Grunde war’s schon immer die Faszination Wintersport.

Können Sie denn im Sommer überhaupt Spaß haben? Faul am Strand liegen? Oder fahren Sie dann irgendwohin, wo Schnee liegt?

Quatsch, ich liebe alle Jahreszeiten! Ich muss echt sagen, ich bin froh dass wir in einem Klima leben, wo es alle Jahreszeiten gibt. Im Frühling mag ich oft den Schnee nicht mehr sehen und freu mich über die ersten Blumen und das leuchtende Grün; genauso mag ich den Sommer gern und den Herbst. Aber ganz klar, ich bin Wintersportlerin und mir taugen die kalten Temperaturen einfach ein bissel besser. Also aktuell ist es mir eindeutig zu warm draußen! Und Strandurlaub… naja. Nach ein paar Tagen fehlen mir dann schon die Berge.

Sie sind – quasi „nebenbei“ – auch noch eine sehr gute Bergsteigerin. Der Großstädter in mir sieht sie da in der Steilwand und fragt: Warum?

Ach, ich glaube das hängt damit zusammen, wie man aufwächst. Wie gesagt, ich komme aus den Bergen – wir sind als Kinder aus dem Haus, und dann geht’s nun mal bergauf und bergab; man müsste man sich schon zwanghaft irgendwas Flaches suchen. (lacht) Ich mag’s einfach sehr gerne, ich lebe die Natur, die Ruhe am Berg, und ich mag auch das Zwischenmenschliche. Ich hab die Erfahrung gemacht, am Berg sind alle gleich. Egal, wo man herkommt, wer was verdient und so weiter – es geht nur um die Sache, ums draußen sein, ums gemeinsame Erlebnis. Das gibt mir unheimlich viel Kraft, und außerdem macht‘s einfach extrem viel Spaß, darum suche ich immer wieder diese „Auszeiten“ draußen am Berg.

Biathlon ist extrem technik- und ausrüstungsintensiv, hat aber andererseits auch diese archaische Seite – stundenlang ein Stück Wild durch den Schnee verfolgen, um dann im entscheidenden Moment abzudrücken…

… also naja! (lacht). Durch die Kombination von Laufen und Schießen ist es auf jeden Fall eine relativ komplexe Sportart. Auch – zum Beispiel – beim Radrennen gibt es zwar diese mentale Komponente, das Durchhalten, die Psyche während eines langen Rennens – aber beim Biathlon kann man durch ein sehr gutes Schießergebnis eben auch mal etwas ausgleichen, wenn man läuferisch einen schlechten Tag hat. Dazu kommt, da haben Sie schon Recht, dass es sehr technikintensiv ist. Was die Ausrüstung, aber auch was die Lauftechnik angeht. Denn obwohl das Prinzip schon uralt ist, ist Biathlon als Profisport in der heutigen Form noch ziemlich jung. Da werden also dauernd neue Erkenntnisse gewonnen, kleine Sachen verändert, herumprobiert. Dazu kommt natürlich das Equipment, da gibt es unglaublich viele Details: verschiedene Ski, der Skiaufbau, die Schuhe, die Bindung, die Wachsabstimmung und natürlich das Gewehr. Da wird gefeilt und getüftelt, das ist schon fast wie bei der Formel 1: Alles arbeitet daraufhin, dass am Tag X alles perfekt zusammenpasst. Am Ende hat jeder Athlet ein ganz individuelles Setup. Mit dem archaischen „Jagen auf Skiern“ hat das aber – für mich jedenfalls – überhaupt nix zu tun.

Diese technische Tüftelei, interessiert Sie das persönlich? Oder haben Sie da ein Team von Experten, dem Sie sagen „Hört mal, ich bin Sportlerin – baut’s mir das g’scheit und erspart mir die Details!“?

Das interessiert mich schon, vor allem weil es doch sehr auf den Sportler selbst ankommt. Das Team ist wirklich nicht riesig, das ist sehr überschaubar und insofern kein Vergleich mit der Formel 1. Also, wenn man da durch Veränderungen an der Ausrüstung was erreichen will, muss man auch wirklich involviert sein. Ich glaub, bei der Formel 1 hängt sehr viel an der Technik, im Biathlon ist es ein kleinerer Teil des Ganzen.

Sie sind eine extrem erfolgreiche Athletin, trotzdem wirken Sie immer sehr entspannt. Der Sport scheint auf eine gesunde Art und Weise nicht das Allerwichtigste in Ihrem Leben zu sein. Ist es vielleicht gerade diese Einstellung, die Sie so erfolgreich macht?

Ich glaube, das ist in jeder Sportart ganz gut, wenn man einfach locker bleiben kann und das nicht zu ernst nimmt. Also bitte nicht falsch verstehen: man muss sich schon voll reinhängen. Wenn ich trainiere, gebe ich 100 Prozent. Aber man darf eben auch nicht „betriebsblind“ und total fanatisch werden, ich glaub nicht, dass man so die besten Leistungen bringt. Für mich ist es ganz wichtig, dass ich auch noch was anderes mache, und dass ich so bleibe wie ich bin. Das ist jedenfalls für mich ein Schlüssel zum Erfolg. Auch da hilft natürlich mein Umfeld und meine Freunde, wo ich einfach „die Laura“ bin und nicht „die Weltmeisterin“ – egal, ob ein Rennen gut war oder nicht so gut.

Sportlerin des Jahres 2017, Weltmeisterin, Olympiasiegerin – Sie haben eigentlich alles erreicht und dazu auch noch so eine entspannte Einstellung. Haben Sie noch den Bock, den Biss, den Ehrgeiz, wieder ganz oben auf dem Treppchen zu stehen? Oder fahren Sie einfach mit, „mal schauen, wie‘s läuft“?

Nee, der Ehrgeiz ist schon wichtig, einfach so mitlaufen kann man an der Weltspitze nicht (lacht). Aber man kann ja unterscheiden: Wann muss ich ehrgeizig sein, wann nicht? Wenn ich im Winter beim Rennen am Start steh, dann brauch ich den Ehrgeiz. Aber ich brauch ihn nicht jeden Tag rund um die Uhr. Klar, in diesem Jahr ist es ein bisschen anders. Ich hab jetzt alle Ziele erreicht, mehr als ich mir jemals vorgestellt hab. Da bin ich unheimlich dankbar, dass das so geklappt hat. Nach der Saison hab ich schon ein bisschen gebraucht, aber sobald es losging hab ich gemerkt: Ich hab immer noch wahnsinnig viel Lust auf den Sport! Mir macht‘s einfach Spaß, ich kann’s gut, wir haben ein neues Trainerteam, das mich total motiviert hat, und die Messlatte liegt jetzt natürlich ziemlich hoch. Also: ich habe genug Gründe, hochmotiviert weiterzumachen – und am besten noch was draufzulegen!

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