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Winterurlaub

Interview mit Bergsteigerpaar Alix von Melle und Luis Stitzinger

Photos: © goclimbamountain.de – Alix von Melle & Luis Stitzinger

Alix von Melle und Luis Stitzinger

Bergsteigerpaar

Ein Paar mit gemeinsamer Leidenschaft fürs Höhenbergsteigen. Mit insgesamt 7 gemeinsam bezwungenen Achttausendern gehören Alix von Melle und Luis Stitzinger zu den bekanntesten und erfolgreichsten Bergsteigerpaaren der Welt. Nicht nur privat sind Sie seit 1998 ein Paar, sondern auch am Berg ein eingespieltes Team. Beide lieben einfach die Vielfalt des Bergsports.

Bereits 7 Mal habt Ihr gemeinsam Achttausender bestiegen. Was hat euch damals so in den Bann gezogen und inspiriert die Berge der Welt zu erklimmen? 

Wir waren beide schon immer – auch unabhängig voneinander – sehr aktiv in den Alpen unterwegs. Bergsteigen, Skitouren, Wasserfalleisklettern, Nordwände, Sportklettern, … alles, was in den Bergen stattfindet, lieben wir. Bei mir (Luis) bekam das Ganze irgendwann ab der Studienzeit auch eine berufliche Dimension, da ich die Ausbildung zum staatlich geprüften Berg- und Skiführer absolvierte. Ab Mitte der 90er-Jahre verschrieb ich mich – beruflich wie privat – immer mehr dem Höhenbergsteigen. Diese Reisen führten mich zu dieser Zeit noch vorwiegend nach Südamerika und Nepal. Als ich Alix dann kennenlernte war sie gleich ein Jahr später mit am Aconcagua (6962 m) – dem höchsten Berg Südamerikas – dabei und wir stiegen zusammen auf der Franzosenroute durch die Südwand – die höchste Wand Südamerikas. Die Erlebnisse müssen ihr wohl gefallen haben, denn ab nun blieben wir zusammen am Ball und tasteten uns langsam an höhere Ziele heran – so wie man es eigentlich tun sollte. Die Erfahrung, wie der eigene Körper auf die Höhe reagiert, ist ein elementarer Sicherheitsfaktor in diesem Sport. Nur so spürt man rechtzeitig, wenn es dem Organismus zu viel wird und wann man besser umkehren sollte. Natürlich war uns klar, dass Physis, Gesundheit, Finanzen und Zeit uns nicht ewig gestatten würden, diese aufwendigen hohen Berge anzugehen, daher blieben wir einfach weiter am Drücker und nutzten unsere Chance, bis sich die Konstellation irgendwann einmal ändern sollte. Bis heute hat sie dies zu unserem Glück nicht …

Welche Expedition ist euch Beiden besonders im Kopf geblieben? Gab es Momente, in denen Ihr um euer Leben bangen musstet und wie geht Ihr mit kritischen Situationen um?

Im Kopf geblieben sind uns natürlich sowohl schöne als auch kritische Situationen. Zum Glück überwiegen die ersteren, sonst hätten wir das Ganze sicherlich auch nicht so lange weiterbetrieben. Besonders in Erinnerung geblieben ist uns die Expedition an den Nanga Parbat (8125 m) im Jahre 2008. Wir waren nur zu sechst und als wir die Diamir-Wand vom Basislager das erste Mal sahen –4000 Meter hoch über uns aufragend und tief verschneit – dachte sich jeder von uns insgeheim „da haben wir überhaupt keine Chance!“ Vier Wochen später standen wir dann in Rekordzeit alle zusammen auf dem Gipfel und konnten unser Glück kaum fassen!

Unser schlimmstes Erlebnis hatten wir 2012 am Manaslu (8163 m) in Nepal, als wir, nur noch 150 Meter unterhalb des Gipfels, in einen plötzlich aufziehenden Gewittersturm gerieten und wortwörtlich um unser Leben laufen mussten. Links und rechts von uns schlugen die Blitze ein und die statische Elektrizität war so hoch, dass uns alle Haare zu Berge standen und die metallische Ausrüstung Funken schlug. Nach 4 Stunden Abstiegskampf im Whiteout des Blizzards langten wir dann an unserem höchsten Camp (7400 m) wieder an. Nur dem GPS hatten wir es zu verdanken, dass wir die richtige Route zurückfanden und uns retten konnten. Doch ich (Luis) hatte mir dabei vier Finger schwer erfroren, schwarz bis übers zweite Fingerglied hinaus. Nach der Rückkehr in die Heimat musste dann einer davon operiert werden, aber zum Glück verlief alles gut.

Für ein gutes Abenteuer muss man nicht auf Expedition gehen, das wartet auch vor der eigenen Haustür auf einen.

Wie bereitet Ihr euch auf eine Tour vor und welche Ausrüstung darf auf keinen Fall fehlen?

Ein altes Bergsteiger-Sprichwort lautet, „das Training für die nächste Tour beginnt, bevor die letzte geendet hat“. Eigentlich ist man ständig in Vorbereitung und hält sich fit. 3 Monate vor einer Expedition spezialisieren wir unser Training aber dann auf die Anforderungen hin, die uns erwarten. Die letzten beiden Wochen vor Abreise gibt es dann nur noch leichte Aktivitäten, der Fokus liegt darauf, die Reise entspannt, ausgeruht und gesund anzutreten. Die Ausrüstung richtet sich natürlich immer ganz nach dem, welchen Herausforderungen wir uns stellen. Dazu bereiten wir schon Wochen vorher unsere persönlichen Listen vor. Immer mit dabei ist natürlich viel Lesestoff, heute kompakt im E-Reader verstaut, Musik auf dem Mobiltelefon, Lieblings-Wohlfühlklamotten und ein paar Goodies, wie Gummibärchen oder Schokolade.

Wie werdet Ihr euren Winter verbringen? Habt Ihr Tipps, wie abenteuerlustige Menschen wie ihr es seid, den Winter genießen können, ohne auf weltweite Expedition zu gehen? 

Für ein gutes Abenteuer muss man nicht auf Expedition gehen, das wartet auch vor der eigenen Haustür auf einen. Das Kern-Element einer Expedition ist nicht größte Schwierigkeiten oder extreme Kälte vorzufinden, sondern etwas Neues kennenzulernen und zu erkunden. Dafür muss man nicht Tausenden von Kilometern reisen. 

Wer den Everest bestiegen hat, sollte doch quasi alles erreicht haben, was es beim Bergsteigen gibt, oder? Was sind eure nächsten großen Ziele?  

So schnell gehen uns die Ziele nicht aus. Ich (Luis) möchte nächstes Jahr (2021) noch einmal zum Mount Everest fahren und (nach meiner Arbeit als Bergführer) einen Versuch ohne künstlichen Sauerstoff unternehmen. Im Herbst wollen wir gemeinsam nach Nepal reisen und eine spannende Route auf einen unbestiegenen Sechstausender erstbegehen. Alix möchte 2022 mit dem Makalu ihren achten Achttausender angehen. Und das sind jetzt nur die nächsten beiden Jahre …

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